Badbergen baut Wegerandstreifenprogramm aus

Badbergen. Blütenteppiche statt Brennnesseln, schwirrendes Insektenleben statt totem Gülleacker: Badbergen baut sein Wegerandstreifenprogramm aus.

06.09.14 –

Badbergen. Blütenteppiche statt Brennnesseln, schwirrendes Insektenleben statt totem Gülleacker: Badbergen baut sein Wegerandstreifenprogramm aus. Gerade wurde zwei weitere Streifen eingesät. Aus der Säwanne verteilen Holger Fuchs-Bodde-Gottwald und seine Helfer das Saatgut auf mehreren Hundert Metern Seitenstreifen entlang von Wegen beim Feuerwehrhaus in Grönloh und am Bach Wrau, der hier noch Lake heißt, nicht weit vom Schleusenhaus an der Hase. Aussaat mit der Sämaschine würde nicht funktionieren, erläutert Badbergens Vizebürgermeister, der im ganzen Ort unter seinem Spitznamen „Fubo“ bekannt ist. Maschinen könnte die „gebietstypische Saatmischung“ mit unterschiedlich schweren Körnern nicht gleichmäßig verteilen. 38 Pflanzenarten gehören zu dieser Mischung.

Der Bioland-Imker hat das Wegeseitenprogramm in Badbergen angestoßen, für das es Zuschüsse für die wissenschaftliche Begleitung der Hochschule Osnabrück gibt. Genau genommen hätten ihm aber viele Badberger die Anregung mit auf den Weg gegeben, sich um die Ackerränder zu kümmern, als er sich für die Grünen zur Gemeinderatswahl aufstellen ließ.

Als sein Gesprächspartner von „Blühstreifen“ spricht, erläutert er den Unterschied zum Saumprogramm: Auf Blühstreifen werden einjährige Kulturpflanzen ausgesät. Für die Bienen sind diese Pflanzen gute Nektarspender und insgesamt eine Bereicherung in der ausgeräumten Landschaft. Wegeseitenränder oder Ackersäume dagegen bilden Dauerbiotope, die sich nach dem Einwachsen selbst erhalten und auch neu aussäen.

Das vielfältige gebietsheimische Pflanzenangebot biete einer großen Zahl von Insekten und Säugetierarten eine Lebensgrundlage und leistet einen erheblichen Beitrag zum Erhalt des heimischen Ökosystems, heißt es dazu in einer Broschüre der Uni Osnabrück.

Ein wichtiger Unterschied liegt auch in den Besitzverhältnissen. Wegeseitenstreifen und Ackersäume befinden sich auf öffentlichen Flächen. Einst hatte jedermann das Recht, sie abzumähen und die Pflanzen als Viehfutter zu nutzen. Sie wurden nicht gedüngt. Auf den nähstoffarmen Böden bildeten sich sehr vielfältige Pflanzengemeinschaften heraus, genügsame Pflanzen, eine Heimstatt für eine Vielzahl unterschiedlichster Insekten.

Im Zeitalter der Intensivlandwirtschaft verschwanden diese Säume. Die Bauern dehnten ihre Ackerflächen so weit wie möglich aus. Die intensive Düngung bringt immer mehr Stickstoffverbindungen in die Randbereiche. Fubo spricht sogar von Überdüngung, viele Pflanzen kommen damit nicht zurecht, die Landschaft verödet, Hase und Rebhuhn verschwinden. Am Ende bleiben die Brennnessel und wenige andere Pflanzen, die Nitrate lieben.

Die moderne Landwirtschaft könnte ihre eigene Existenzgrundlage zerstören. Fubo bezieht sich auf den Dokumentarfilm „More than Honey“ der am Beispiel Chinas zeigt, wie eine Welt ohne Bienen aussieht: Dort habe Mao Vögel bekämpfen lassen, weil sie den Menschen das Getreide wegfraßen. Es folgte eine Ungezieferplage, die mit Pestiziden bekämpft wurde, was auch den Bienen schadete. Nun stehen Scharen von chinesischen Wanderarbeitern in Bäumen und betupfen mit in Pollen getauchten Wattestäbchen Blüte um Blüte – eine bizarre Dystopie, heißt es dazu in der Süddeutschen Zeitung.

Blühende Seitenränder und Ackersäume sind ein Beitrag zum Erhalt von Landschaft und Landwirtschaft. So, wie sie in Badbergen platziert sind, sind sie auch gut für Naherholung und Tourismus: Die ersten beiden Streifen wurden im vergangenen Jahr beim Feuerwehrhaus und beim Grillplatz in Wehdel angelegt. Am Hasetalradweg, an dem der Tourismusverband Hasetal auch seine Mundraub-Obstbäume gepflanzt hat.

Jetzt ist ein Platz am Feuerwehrhaus Grönloh an der Reihe und am Gemeindeweg nicht weit vom Schleusenhaus an der Hase. Lohnunternehmer Franz-Josef Otte hat sich bereit erklärt, die Maschinenarbeiten zu übernehmen, die nötig sind, um die Pflanzengemeinschaft Ackersaum anzuschieben, bis sie selbst für ihr Überleben sorgen kann. Dazu reicht es nämlich nicht, die düngerreichen Böden vor der Aussaat unterzupflügen. Zu Anfang sollten im Spätsommer die Streifen gemäht und das Pflanzengut abgefahren werden. Damit wird verhindert, dass die organische Masse wieder zu Dünger wird. So entstehen dungarme Böden, wie sie die Pflanzengemeinschaften der Säume lieben.

Das Mähgut lässt sich dazu verwenden, an anderer Stelle neue Säume zu schaffen. Man muss es nur auf dem Boden verteilen, wo die Samen aus den Pflanzen in die Erde gelangen. Für diese Arbeiten bekommt Otte kein Geld, darf aber die Flächen in seinen landwirtschaftlichen Flächennachweis aufnehmen.

„Im Gemeinderat sind wir uns einig, dass die Ackersäume eine gute Sache sind“, sagt Fubo. Deshalb solle das Programm fortgesetzt werden. Dafür würden passende Flächen gesucht, und jeder könne helfen, insbesondere die Älteren: Wer kann sich noch daran erinnern, an welchen öffentlichen Wegen sich einst breite Seitenränder befanden? Meldungen nehmen das Gemeindebüro entgegen und Fuchs-Bodde-Gottwald.

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Naturschutz

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